Anorthosit
Anorthosite – helle Tiefengesteine mit hohem Feldspatanteil
Anorthosite zählen zu den seltenen Tiefengesteinen (Plutoniten) und bestehen fast vollständig aus Plagioklas-Feldspat – meist zu über 90 %. Durch diesen ungewöhnlich hohen Anteil an calciumreichen Feldspäten unterscheiden sie sich deutlich von Graniten oder Syeniten, die eher natrium- und kaliumreiche Feldspäte enthalten. Das Ergebnis ist ein helles, gleichkörniges und äußerst homogenes Gestein, das in der Werksteinverarbeitung als interessante Alternative zu herkömmlichen Hartgesteinen gilt.
Typisch für Anorthosite ist der geringe Anteil dunkler Minerale (z. B. Pyroxen, Amphibol oder Biotit). Manche Varietäten sind nahezu rein weiß und besitzen eine hohe Druckfestigkeit sowie eine bemerkenswerte Beständigkeit gegenüber Abrieb – sie könnten in vieler Hinsicht als säureresistenter Ersatz für Marmor gelten. Solche Sorten wurden früher gelegentlich im Innenausbau verwendet, sind heute aber nur noch selten erhältlich.
Geologische Entstehung
Anorthosite entstehen tief in der Erdkruste aus basaltischen Magmen, die sich während des Kristallisationsprozesses stark differenzieren. Die leichten Plagioklas-Kristalle trennen sich vom Schmelzrest und bilden durch langsames Abkühlen großkörnige Aggregate. Dadurch entstehen die typischen, hellen, feldspatreichen Gesteine mit schwacher bis fehlender Schichtung. Große Anorthositmassive sind geologisch vor allem im präkambrischen Grundgebirge zu finden – etwa in Kanada, Skandinavien, Südafrika und Madagaskar.
Optische Merkmale und Farbspiel
Obwohl Anorthosite überwiegend hell sind, können feine Mineraleinschlüsse oder Spuren dunkler Silikate zu grauen oder grünlichen Farbtönen führen. Besonders bekannt ist das schillernde Farbspiel vieler Plagioklase: Je nach Lichteinfall zeigen sie irisierende Blautöne bis hin zu regenbogenartigen Reflexen. Dieses Phänomen – die sogenannte Labradoreszenz – entsteht durch Interferenzen an feinen Zwillingslamellen innerhalb der Kristalle.
Labradorit – das bekannteste Beispiel
Der Labradorit ist eine Varietät der Plagioklasreihe und wurde erstmals auf der kanadischen Halbinsel Labrador beschrieben. Viele bekannte Dekorsteine mit blauen oder grünlichen Schillerfarben enthalten Labradorit als Hauptmineral. Vorsicht: Handelsbezeichnungen wie „Labrador Hell“ oder „Labrador Dunkel“ aus der Region Larvik (Norwegen) beziehen sich geologisch auf Syenite – ihr Farbspiel stammt von Alkalifeldspäten, nicht von Plagioklasen, und sie sind daher streng genommen keine echten Anorthosite.
Anorthosit „Wolga Blue“
Der bekannte Werkstein Wolga Blue stammt aus der Nähe der ukrainischen Stadt Schytomyr – die Bezeichnung hat also nichts mit der Wolga zu tun. Das Gestein erscheint auf den ersten Blick dunkel, besteht aber überwiegend aus transparenten, grünlich-grauen Plagioklaskristallen, die bis zu 6 cm groß werden können. Nur 5–10 % des Gesteins entfallen auf schwarze Pyroxene. Typisch sind intensive blaue Schillerfarben, die durch feine Lamellenstrukturen im Feldspat entstehen und das Material zu einem begehrten Dekorstein machen.
Anorthosit „Labrador Blue Antique“
Im Süden Norwegens, nahe Egersund, wird Labrador Blue Antique abgebaut – ein feinkörniger, plagioklasreicher Anorthosit mit violettbraunen bis blaugrauen Feldspäten und nur geringen Anteilen dunkler Minerale. Mikroskopisch erkennt man feine, parallel angeordnete Mineraleinschlüsse, die ein typisches regenbogenartiges Farbspiel erzeugen. Aufgrund seiner dekorativen Wirkung und hohen Dichte ist dieser Stein sowohl für Küchenarbeitsplatten als auch für anspruchsvolle Innenraumverkleidungen beliebt.
Fazit
Anorthosite verbinden geologische Seltenheit mit beeindruckender Farbwirkung. Ihre irisierenden Feldspäte verleihen ihnen eine unverwechselbare Optik, während ihre Härte und Beständigkeit sie zu einem langlebigen Werkstein machen. Mit der richtigen Pflege bleiben sie über Jahrzehnte ein Blickfang – egal ob als Bodenbelag, Treppenstufe oder Wandverkleidung.